Friday, July 15, 2005

langsam reichts ..

Die SPD attackiert ihren früheren Vorsitzenden Oskar Lafontaine immer heftiger. In einem als 'Argumentationshilfe' verbreiteten Papier wird der Spitzenkandidat des Linksbündnisses als 'Hassprediger' bezeichnet."


er wird bestimmt nicht die verantwortung dafür übernehmen, wenn seine hasspredigten bei der nächsten schizophrenen einen tötungsimpuls auslöst ... er hat ja nur am schreibtisch gesessen und ein papier verfasst.

ich hätte in meinen schlimmsten alpträumen jedenfalls nicht gedacht, daß die spd so tief sinken würde.

naja, bei den sozen lernt man nie aus.

was den oskar betrifft, will ich jetzt mal ne lanze für den brechen, obwohl ich ihn natürlich nicht wählen werde:

ich kenne den oskar jetzt gut 25 jahre. als exil-saarländer ist er für mich natürlich "uhs oska" [unser oskar], weil er einer der ganz wenigen politiker war, die man früher ohne leibwächter in einer x-beliebigen kneipe in saarbrücken am nachbartisch treffen und ansprechen konnte. mein erstes erlebnis mit ihm war eine podiumsdiskussion in trier, im hindenburggymnasium, wo er mit horst eberhard richter über das thema "politikermentalität" sprach. ich weiss noch, daß ich damals das gefühl hatte, daß er mir aus der seele sprach.

für spätgeborene: in den 70ern und frühen 80ern hatte "meine generation" erhebliche probleme mit diesem staat und wenn oskar damals dem helmut schmitt "sekundärtugenden" attestierte, "mit denen man auch ein konzentrationslager führen kann", dann fand er voll und ganz unsere zustimmung und das nicht nur, weil wir diesem land damals noch latenten faschismus untestellten.

wie gesagt, das war vor gut 25 jahren und zu dem zeitpunkt saß helmut schmitt eben noch nicht mit jenem bild in meinem kopf, das mir einen mann zeigt, der mit den tränen kämpft bei dem gedanken an die ermordung von hanns martin schleyer.

damals jedenfalls war der kanzler der technokrat und oskar sein gegenentwurf, den ich dann bei veranstaltungen gegen den nato-doppelbeschluss erleben konnte. ein "populist"? ach was, der mann war im saarland und in meiner generation einer der wenigen populären politiker.

das war er ja auch in der spd, als er dann "ziege" mit einer rede vom parteivorsitz wegputzte, die den saal in ein kochendes inferno verwandelte, wo man alte sozen mit tränen in den augen erleben konnte. habt ihr das vergessen, sozis? ist euer hass nur enttäuschte liebe? zwingt euch eure neue braut dazu, die alte zu bespucken? dann seid ihr ein erbärmliches & jämmerliches pack, das zurecht abgewählt gehört!

ich erinnere mich auch noch daran, wie das war, als oskar gegen den fleischklops antrat. er war der einzige politiker, an den ich mich erinnere, der den leuten ungeschminkt sagte, was sache ist: daß eben nicht jeder, dessen urgroßvater mal einen deutschen schäferhund auf dem hof hatte, "deutscher" ist [was-immer-das-sein-mag].

damals wurde genauso hemmungslos gegen ihn gehetzt wie heute.

nur, ähem, worum ging's?

der fettklops brauchte die stimmen der rußlanddeutschen.

versteh mich nicht falsch, die leute, die damals zu uns kamen, das waren hochanständige menschen, die nix dafür können, daß sich, nachdem sie als stimmvieh mißbraucht worden waren, ausgelutscht weggeworfen wurden und sich niemand mehr um sie kümmerte - mit der konsequenz, daß ihre kinder zb. in bitburg den heroinmarkt dominieren.

darf man das sagen, ohne als "fremdenfeindlich" abgetan zu werden?

so wenig, wie heute die entsetzten eltern der selbstmordattentäter in leeds für die taten ihrer kinder verantwortlich gemacht werden können, so wenig schiebe ich die verantwortung für das raubrittertum junger weissrussen in der eifel ihren eltern zu, die ich für fleissig und anständig halte.

die verantwortung hat der fleischklops. schert das "die medien"? heute so wenig wie damals.

damals hatte das eine fatale konsequenz: eine schizophrene person hat die schizophrenen medienbotschaften auf ihre art umgesetzt. macht sich eigentlich irgendjemand gedanken darüber, das heute sich ähnliches wiederholen könnte?

zurück zum wahlkampf '90: der oskar besaß damals die dreistigkeit, den leuten unverblümt zu sagen: "das werdet ihr nicht aus der portokasse bezahlen können", und schon kreischten "die medien", der oskar sei gegen die wiedervereinigung. hey, wenn man mich damals gefragt hat, was ich davon halte, habe ich de gaulle zitiert "ich mag deutschland so sehr, am liebsten hätte ich drei davon".

nur, darum ging's doch gar nicht. es ging darum, daß der fettklopps die leute vera****t hat und die medien unisono in das lied eingestimmt haben. der oskar hat die unangenehmen wahrheiten gesagt - und schon war er ein "populist".

daß der oskar dann den bettel hingeworfen hat, das nehm' ich ihm persönlich krumm, auch wenn ich ihm eine gewisse labilität nach der sache mit dem messer einfach zugestehen muss. politiker sind ja auch nur menschen.

was er heute tut, dafür bin ich ihm dankbar.

nicht nur, daß er die links liegen gelassenen einsammelt [also die leute, die der st pauli spiegel gerne "die rentner und arbeitslosen" nennt, also sozusagen der "müll" aus der sicht von herrenreitern], die einfach keine stimme mehr hatten - und sie so davon abhält dem nächsten rechtsradikalen ihr kreuzchen zu schenken.

nein, vor allem, weil er der angebotsorientierten staatsideologie widerspricht. ich bin ein alter keynesianer, er spricht mir also aus der seele.

wir in deutschland denken ja wirklich, wir müssten uns im härenen gewand mit nem nagelgürtel am bein dreimal am tag peitschen, weil uns das von den sprachrohren der industrie eingebleut wird. das ist ausgemachter blödsinn. das funktioniert seit 30 jahren nicht und ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis mal ein kleines kind feststellt, daß dieser kaiser definitiv naggisch ist - und seine hofschranzen in den medien uniforme plapperaffen

das verheerende bild, das in der öffentlichkeit über oskar herrscht, hat der st pauli spigel zu verantworten, dem nach dem überraschenden ableben von FJS das feindbild fehlte. und weil man in hamburg ja eher protestantischer pfeffersack als barocker genussmensch ist, war der oskar eben ein gefundenes fressen.

"was, der geht in den puff?" ist angesichts der tatsache, daß ein ganzer stadtteil in hamburg ein einziges bordell ist, heuchelei hoch 80!

was haben die nicht alles bemüht, um den oskar madig zu machen "rotlichtmilieu", "napoleon von der saar". wenn es nicht so abstossend wäre, müsste man über dieses pennälerniveau eigentlich lachen. witzeleien auf der basis von körpergröße gehören eigentlich doch eher zum ritual präpubertärierender jungs bei kloppereien auf dem schulhof, als in das "sturmgeschütz der demokratie".

ich kann jedem nur raten, der die gelegenheit dazu hat, sich den oskar mal persönlich anzugucken und vielleicht, wenn das möglich ist, selbst ein paar worte mit ihm zu wechseln.

er wird dich überraschen, weil der oskar ein charmanter und einnehmender mensch ist, der so gar nix mit dieser stupiden karikatur zu tun hat, die uns aus den medien entgegenspringt.

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